Themenschwerpunkt: Müll und Plastik

(Bild: Unverpacktes Obst und Gemüse bei Herrn Farah in Mering)

Beim ZukunftsMarkt haben wir fünf Themenschwerpunkte im Rahmen eines Gewinnspiels präsentiert. Wir stellen hier nochmal die einzelnen Themen ausführlicher vor.

Heute ist Müll und Plastik unser Thema. Hier fragen wir uns ob der Mensch das Recht hat, immer mehr Müll zu produzieren und damit dann unsere Umwelt zu belasten. Wegen der Aktualität betrachten wir vor allem das Plastik-Problem.

Warum reden alle plötzlich über Plastik und deren Entsorgung als Müll? Wieso kann Plastik so gefährlich sein? Was können wir in Mering oder ich persönlich tun, um das Problem nicht auch noch schlimmer zu machen? Diesen Fragen wollten wir an unserem Informationsstand Plastik und Müll beim Zukunftsfest nachgehen.

Was spielt Plastik für eine Rolle?

Plastik oder Kunststoff als Werkstoff ist allgegenwärtig aber sehr neu. Erst in den 1950er Jahren begann die Massenproduktion. Wir alle können uns an unzählige Gegenstände erinnern, die früher aus Holz, Glas, Metall, Leder, Gummi, Wolle, Seide, Hanf, Baumwolle usw. hergestellt wurden, heute aber aus Kunststoffen auf Erdölbasis.

Die Vorteile des neuen Werkstoffs liegen auf der Hand: extrem günstig und einfach in der Herstellung, robust bei geringem Gewicht, langlebig, leicht und genau formbar, hygienisch, korrosionsfrei, je nach Kunststoff elastisch oder stoßfest. Die Liste lässt sich fortsetzen. Die einmalige Erfolgsgeschichte von Kunststoff ist also nachvollziehbar. Nachhaltig ist diese Entwicklung aber aus vielen Gründen nicht.

Wie viel Kunststoff wird weltweit hergestellt?

In einer neuen Studie  versuchen amerikanische Wissenschaftler, dies zu quantifizieren: Waren es in den 1950er Jahren zwei Millionen Tonnen, wird man 2017 unvorstellbare 8 300 Millionen Tonnen und bis 2050, so schätzt man, 34 000 Millionen Tonnen herstellen. Besonders bemerkenswert: Die Hälfte des Kunststoffes, der je existiert hat, wurde in den letzten 13 Jahren hergestellt.

Kunststoff ist längst zu einem Massenwerkstoff wie Stahl oder Beton avanciert, doch anders als diese wird er nicht über Jahrzehnte, sondern meist sehr kurzfristig eingesetzt. Nach den oben zitierten  amerikanischen Wissenschaftlern, wird die Hälfte der Kunststoffproduktion innerhalb von weniger als vier Jahren zu Müll. Darin liegt ein Problem, das wir nicht im Griff haben. Von den 8 300 Millionen Tonnen Kunststoff, der seit 1950 produziert wurde,  haben mehr als drei Viertel (6 400 Millionen Tonnen) bereits ausgedient und sind zu Abfall geworden. 79% davon befinden sich in der freien Natur oder in Mülldeponien, 12% ist verbrannt und nur 9% recycelt worden.

Was passiert mit Kunststoff, der in die Natur gelangt?

Die Beständigkeit des Materials führt dazu, dass es uns sehr lange erhalten bleibt und nicht abgebaut wird und dadurch lange für die Umwelt eine Gefahr darstellt (siehe Graphik des Umweltbundesamtes).

Dies lässt sich im Meer besonders gut beobachten. Kunststoff schwimmt zunächst im Wasser und kann Tausende von Kilometern zurücklegen. Wissenschaftler haben in allen fünf großen Ozeanen riesige Müllstrudel aus Kunststoff entdeckt (siehe dazu auch den bereits in unserem ZukunftKino gezeigten Film „Fluch der Meere„). An den entlegensten unbewohnten Stränden türmen sich Berge von Plastikmüll, der anderswo in der Welt sorglos weggeworfen wurde. Tiere und Vögel verfangen sich im Müll oder fressen Kunststoffteile und verenden elendig.

Der schwimmende Müll kann auch fremde Organismen wie z.B. Bakterien, Algen oder Muscheln, problemlos dorthin transportieren, wo sie keine natürlichen Feinde haben, und dadurch empfindliche Gleichgewichte im Ökosystem stören – mit unübersehbaren Folgen.

Die wie Sandkörnchen vom Meer zerriebenen und von Sonne und Salzwasser zersetzten Plastikteile werden zu Mikroplastik zerkleinert, und leicht von Fischen mit Plankton verwechselt und gefressen. Den winzigen Mikroplastikteilchen gelingt es, von den Verdauungsorganen aus die Zellmembranen der Fische zu durchbrechen und in die Zellen aufgenommen zu werden. Sie  gelangen so in die menschliche Nahrungskette mit völlig unübersehbaren Folgen.

Beim Zerfall von Plastik werden schädliche chemische Substanzen freigesetzt, mit denen sie bei der Herstellung angereichert worden sind, und gleichzeitig ziehen die Kunststoffpartikel aus noch ungeklärten Gründen andere Schadstoffe wie Magnete an.

Auch grössere Plastikteile zerfallen unter Einwirkung von Sonne und Salzwasser zu Mikropartikeln. Dabei wird der toxische Cocktail freigesetzt, mit dem sie angereichert sind, darunter das hormonaktive und nervenschädigende Bisphenol A, oder das krebserregende Styrol. Gleichzeitig absorbieren Plastikpartikel aus der Umgebung organische Schadstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder das Insektizid DDT. Die Konzentration solch gefährlicher Substanzen ist in Kunststoffpartikeln oft millionenfach höher, als im sie umgebenden Wasser (siehe den Beitrag von Oceancare).

Es ist davon auszugehen, dass die so mit Schadstoffen angereicherten Mikropartikel, die auch über Fische in die Nahrungskette gelangen,  gesundheitsschädigend sind, auch wenn hierzu genaue Kenntnisse noch fehlen.

Plastik – nur ein Problem in Gewässern?

Bislang sind die Folgen der Plastikverseuchung eingehender in Gewässern beobachtet worden als am Land und in der Erde, wo sie aber genauso verheerend sein dürften. Anfang September 2017 sorgte eine amerikanische Studie für viel Aufsehen, wonach weltweit Trinkwasser mit Kunststofffasern verseucht sei. Die Studie ist vielfach von Wissenschaftlern methodisch kritisiert worden, aber das Thema wird uns bleiben und eingehender erforscht werden müssen (siehe z.B. den Beitrag in der Huffington Post).

Plastik im Meer – doch nicht von uns?

Angesichts der Langlebigkeit von Kunststoff ist es geradezu paradox, dass das Material unverhältnismäßig oft für die einmalige Verwendung als Verpackung und Einweggeschirr eingesetzt wird, und oft innerhalb von Minuten schon zum Abfall wird. Deutschland rühmt sich, Abfälle zu trennen und möglichst zu recyceln, aber Deutschland ist leider auch mit Dänemark Europameister bei der Produktion von Verpackungsmüll.

Wer sich jetzt mit dem Gedanken tröstet, „ich werfe sowieso nie Plastikmüll ins Wasser oder in die Natur“, sollte sich fragen, ob er nicht doch ungewollt zum Problem beiträgt, indem er Kosmetika, Zahnpasta oder Reinigungsmittel benutzt, die sehr häufig Kunststoffkügelchen, also Mikroplastik, enthalten, um ihre Reinigungskraft zu erhöhen. Oder indem er Kleidung aus synthetischen Fasern trägt und wäscht, denn durch Abrieb können dabei Mikropartikel auch in die Luft und ins Abwasser gelangen.

Die Mikropartikel werden nicht von Kläranlagen aufgehalten und gelangen über die Flüsse ins Meer. Beim Einkauf von Reinigungsmitteln und Kosmetika ist für den Laien oft schwer zu erkennen, ob diese Produkte Mikroplastik enthalten. Da helfen Produktlisten z.B. vom Greenpeace weiter. Natürlich wäre es viel besser, international den Einsatz von Mikropartikeln bei Kosmetika und Putzmitteln generell zu verbieten. Dass das sogar national möglich ist zeigt ein geplantes Gesetzesvorhaben in Großbritannien. Die Hersteller ändern schnell ‚freiwillig‘ ihre Rezepturen und kommen ohne die umweltschädigenden Mikroteilchen aus.

Was können wir allein und gemeinsam gegen die Plastikflut tun?

Unsere Vorschläge am Stand beim ZukunftsMarkt konzentrierten sich auf Konsumverzicht, kluges Einkaufen und die Vermeidung von Verpackungsmüll, von Einweg-Bechern und Verpackungen, wie durch die Coffee-to-go-again Initiative:

Klug einkaufen – Das kann ich selber tun:
  • Unnötigen Kauf vermeiden, weniger ist mehr
  • Vor Ort einkaufen – Verpackungsmüll durch Versandhandel vermeiden
  • Einkauf planen, Einkaufskorb oder -tasche mitnehmen
  • Unverpacktes Obst und Gemüse bevorzugen
  • Lieber langlebige Produkte aus Naturmaterialien wählen
  • Wiederverwendung vor Neukauf
  • Secondhand-Angebote nutzen
  • Altes reparieren
  • Nanopartikel in Kosmetika unbedingt vermeiden
  • Verpackungsmüll streng recyclebar trennen, um Müllverbrennung zu verringern
Vermeiden, vermindern, verwerten – Das können wir in Mering gemeinsam tun:
  • Müllpaten organisieren, besonders in Wohnanlagen, die bei der Mülltrennung und beim Transport zur Wertstoffsammelstelle unterstützen
  • Internetplattform Tauschbörse
  • Flohmarkt-Tag für den ganzen Ort als Ersatz für den Sperrmülltag
  • Repaircafé
  • Einzelhandel zum weitgehenden Verzicht auf Plastikverpackung für Obst und Gemüse bewegen
Die Geschäfte in Mering machen mit!

Einen Anfang, um Einwegverpackungen zu verringern, haben wir gemacht, indem wir von den Geschäften in Mering die Zusicherung eingeholt haben, dass sie selbst mitgebrachten Behälter für den Einkauf selbstverständlich akzeptieren. Siehe dazu unseren  Beitrag „Einweg ist kein Weg„.

Ihr habt weitere eigene Vorschläge oder Kommentare? Lasst uns sie über den Blog wissen.